Dienstag, Juli 14, 2009

Zeit

Wenn man mit dem Zug unterwegs ist, dann speichert man einzelne Bilder ab. Diese Bilder wirken nach. Der Rest der vielen Eindrücke einer Tagesstrecke verschwindet im Vergessen. Ein Bild ist mir heute geblieben. Eigentlich setzt es sich aus zweien zusammen.

Auf der Strecke nach Tarragona sehe ich links neben dem Bahngleis für ein paar Sekunden diesen in die Jahre gekommenen Campingplatz. Die Wohnwagen und Zelte sind dicht aneinandergerückt und ducken sich unter alten Bäumen, deren Kronen vom Wind alle in dieselbe Richtung gedrückt wurden.

Dann schaue ich auf die andere Seite und sehe einen schmalen Sandstreifen zum Meer. Urlauber liegen auf Badetüchern. Drei verdorrte Palmbäume ziehen vorbei. Wir fahren mitten durch eines der unzähligen Ferienparadiese an dieser Küste.

Und ich denke: Wir gross muss die Sehnsucht dieser Menschen nach Süden, Sonne und Meer sein, dass sie nur schon auf die Idee kommen, hier anzuhalten.

Schnitt.

Das Bild von Riba-roja, das ich im letzten Beitrag veröffentlicht habe, ist nur die eine Hälfte des Dorfes. Jene, die wir gerne sehen möchten. Die andere Hälfte von Riba-roja besteht aus Neubauten; Mehrfamilienhäusern, kleineren Villen, schmucken Einfamilienhäusern.

Und das Dorf besitzt einen gemeindeeigenen Pool, wo wir den Nachmittag lesend, dösend und zwischendurch ein paar Züge schwimmend verbracht haben. Das Bad ist hübsch, weist neben einem quadratischen Kinderbecken noch ein 50-Meter-Becken mit sechs Bahnen auf. Drei moderne Pergolas mit Tischen und Liegestühlen und alte Olivenbäume spenden Schatten. Das Bad ist Teil einer Sportanlage mit Tennisplatz und Sporthalle.

Natürlich haben wir uns gefragt, was wir hier eigentlich tun. Denn statt in diesem Kaff in Spanien, von dem wir noch nie gehört haben, hätten wir den Nachmittag auch im Gemeindepool in Arlesheim verbringen können.

Warum also zum Geier verbringen wir einen ganzen Nachmittag im öffentlichen Bad von Riba-roja d’Ebre?

Weil wir dafür Zeit haben.

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2 Kommentare:

  1. Ich würd sagen, dass sich das super anhört. Schliesslich seid ihr dann nicht im Süden wieder von 100 von anderen Deutschsprechenden umringt, sondern lasst euch von den Haschischschwaden von den Dorfjugendlichen irgendeines Kaffs beduseln. Das ist kultur-erleben, bzw. echtes Leben sehen. Und nicht sich von der Sonne verdörren lassen und in 30 Jahren wie eine verschrumpelte Feige aussehen...

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  2. Bilder im Kopf sind ja schön und gut, aber was haben wir davon??? Im letzten "Magazin" (welches es wohl nicht mehr als Reiselektüre in den Koffer schaffte) gab es einen wunderbaren Nachruf auf die "Postkarte": Schöne Grüsse aus der Ferne - ein bedrohtes Kulturgut, denn immer weniger Ansichtskarten fallen in Briefkästen. Dieser Blog ist wohl eine moderne Form der Ansichtskarte, aber eigentlich schade, hätte mich über eine Karte aus allen von euch besuchten Orten sehr gefreut.

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