Sonntag, Juli 26, 2009

Edinburgh

Schotten

Es gibt Tage, die sind derart erlebnisreich, dass man gar nicht weiss, was man alles festhalten soll. Gestern war so ein Tag. Das ging schon mit diesem Dudelsackpfeiffer los, der am Bahnhof stand. Doch zu der Zeit wussten wir noch nicht, welche Überraschung die Stadt am Abend für uns bereit halten würde.

Wir erlebten eine Premiere. Erstmals seit 1822, als sie George IV in Schottland nördlich der Grenze zu England begrüssten, versammelten sich die schottischen Clans, die Stuarts, Campbells, MacDonalds, MacLeods, die Gordons, Chattan, MacKenzies, Andersons, die Burnetts und so weiter und so fort, insgesamt waren es 124.

Wir wir heute im "ScotlandonSunday" lesen, kamen über30'000 Clanangehörige aus aller Welt zu diesem Treffen nach Edinburgh. Prinz Charles, den wir nicht gesehen haben, hatte das Treffen eröffnet.

Als wir so gegen halb sieben uns einen gut einen halben Quadratmeter grossen Stehplatz an der Royal Mile gesichtert hatten, hatten wir allerdings von alldem keine Ahnung. Nur soviel, dass hier irgendwelche Clan-Chiefs vorbeimarschieren sollen.

Nun sind wir inzwischen geübte Warter. Was heisst geübt, warten ist zu einer Passion geworden. denn Warten ist ungemein spannend, abweschlungsreich und man lernt Leute kennen.

Der Mensch als Noch-immer-Höhlenbewohner kann gar nicht anders, als mit den Artgenossen links und rechts, den Kontakt herzustellen. Denn wir müssen unser kleines Territorium gegen Neuankömmlinge verteidigen, reflexartig. Links setzte sich nach ein paar Minuten Jenny aus Ohio dazu. Nachdem ich ihr klar gemacht hatte, dass die paar Quadratzentimeter Strasse, auf der ich gerade stehe, vorübergehend mir gehörten, sie könne das anschliessende Nachbargrundstück in Besitz nehmen.

Jenny aus Oklahoma

Wie unsere Vorfahren schlossen wir Freundschaft, in dem wir mitgebrachte Nahrungsmittel tauschten. Also Jenny offeriert uns von ihrem Wein, ein Roter aus Argentinien, der gar nicht schlecht war.

Rechts von uns hatte sich eine saudische Familie niedergelassen: fünf Kinder, zwei Männer und drei total verschleierte Frauen, was, nebenbei bemerkt, der derzeit wohl effektivste Schutz gegen die Schweinegrippe sein könnte.

Zwischen uns stand eine Tafel, auf dem das Menue des Tages notiert war, die wir als natürliche Grenze akzeptierten. Während wir zumindest das mit den Clans wussten, hatten die Saudis von nichts eine Ahnung. Deshalb war die erste Frage, weshalb es denn hier so viele Leute habe, was wir mit unserem einzigen Satz, den von den Clans, bestens beantworten konnten.

Mohammad aus Saudi-Arabien

Und während wir so warteten, erzählte uns Jenny ein paar Erlebnisse von ihrer Reise und das sie Prag ganz toll fände und mit den Saudis redeten wir über die Kinder - wir haben auch vier - und ich erfuhr, dass Mohammad Mohammad heisst, First Lieutenant ist und die eine Frau, die vor ihm mit dem einen Sohn sass, seine Frau ist, während ich bis dahin dachte, der ältere Saudi, der Vater des Clans, habe tatsächlich drei Frauen. Man hat ja so seine Vorurteile.

Michael

Nach einer weiteren halben Stunde, in der sich noch immer nichts tat, gesellte sich Michael hinzu. Er verfolgtuns seit Beginn unsere Reise auf Bonum Iter und schreibt hin und wieder Kommentare auf Facebook. Wir sind befreundet. Er macht seinen Doktor in Physik hier in Edinburgh und ich habe soviel verstanden, dass er mit Hilfe eines Lasers Moleküle zum Tanzen bringt und das sei ungemein spannend, weil es tanzende Moleküle in der Natur nicht gebe. Wir hatten uns über Facebook verabredet und für die Details miteinander telefoniert.

Seinen Kilt trägt er nicht einfach nur so aus Anpassung. Es trägt die Farben seiner Universität und wurde mit einer offiziellen Feier in den Rock eingeführt.

Mit den Saudis verstanden wir uns inzwischen prächtig, Gespräche über Kinder sind international. Das erstaunlichste war jedoch, dass sich inzwischen auch eine der völlig verschleierten Frauen am Gespräch beteiligte. Und obwohl man nur ihre Augen sah, tat dies dem Gespräch keinen Abbruch, man sah wenn sie lachte und wir lachten oft. Mohamad und ich logden uns auf unser iPhones auf facebook ein und sind jetzt Freunde.

Christine, Engländerin, durch Hochzeit Schottin

Und schliesslich gesellte sich noch Christine zu uns, eigentlich eine Engländerin. Doch weil sie einst einen Schotten geheiratet hatte, kannte sie sich wirklich aus und konnte uns endlich erklären, was sich hier abspielt. Wie sich dann während der Parade herausstellte, kannte sie einige der vorbeiziehenden Clanmitglieder und vor allem auch den Mann, der das alles organisiert hatte.


Gegen acht ging es dann endlich los. Dann zogen sie an uns vorbei, die schottischen Clans, die Crowfords, Kennedys, die Forbes, Campbell, Mac Alpin und so weiter und so fort.Doch die meisten der richtigen Schotten, sahen aus wie die Leute am Strassenrand, so dass man gar nicht richtig unterscheiden konnte, sind das jetzt die oder sind das noch immer wir. Da lob ich mir die Basler Fasnacht.

Schotten

Nach der Parade besichtigten wir ein paar Pubs, wo sich noch John dazugesellte. Gegen Mitternacht fuhren wir mit Johns Alfa quer durch Edinburgh, die beiden wollten uns unbedingt noch ein paar Hotspots zeigen. Es war eine erlebnisreiche Stadtrundfahrt mit vielen Einbahnstrassen und Verkehrsumleitungen.

3 Kommentare:

  1. Sieht aus, als wärst Du zur Zeit in Basel. Beim Tatoo. Dieselben schrägen Militärkombos. Teils mit Rücken. Gruss Andrea

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  2. Super Reportage - lasst Ihr euch nun einen Messmer-Tartan machen?

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  3. Hm, schlechtes Timing. Denn viel spannender als das lokale Pendant zum Sechseläuten wäre das Fringe. Das wäre ein Grund, in Edinburgh zu verweilen. Aber es beginnt leider erst am 7. August.

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