Freitag, Juli 10, 2009

Ein Hafen ist ein Parkplatz

"Mein jetziges Leben sieht einem Jugendtraume völlig ähnlich, wir wollen sehen, ob ich bestimmt bin, ihn zu geniessen, oder zu erfahren, dass auch dieses, wie so vieles andre, nur eitel ist."

Okay – Goethe zu zitieren (Italienische Reise) mag eitel sein. Heute Morgen sagte ich zu meiner Reisebegleiterin, dass diese Art zu reisen, doch so sei, wie damals, als wir per Autostopp in den Süden getrampt sind. Wobei schon das Wort „trampen“ darauf hinweist, dass das schon lange her ist. Die Beatles hatten sich eben getrennt.

Der grösste Ballast, den man zum Beispiel nicht mit sich rumschleppen muss, ist das Auto. Man muss deshalb auch keinen Parkplatz suchen, was in einer Stadt wie Marseille doch ein erheblicher Vorteil ist.

Gut, der Bus der Linie 19, mit dem wir runter zum Meer fuhren, war etwas stickig gewesen. Bis sich der Chauffeur dazu hinreissen liess, die Klimaanlage auf Volltouren zu stellen.

Doch die modernen Trams – innen mit bequemen Einzelsitzen aus Holz ausgestattet, was nicht nur gut aussieht, sondern eigentlich auch sonst eine gute Idee ist – also diese Bombardiers sind immer kühl. Und fahren in die Vorstadt. Wo wir an der Endstation sitzen blieben, um wieder zurückzufahren. Denn dort gab`s ausser modernen Wohnblocks nichts zu sehen. Ein Tagesticktet kostet auch nur 5 Euro.

Eine Stadt erschliesst sich einem wohl am Besten zu Fuss. Da kommt man dann zufällig an einem Markt vorbei, mit allerlei Bekanntem, wie beispielsweise dem Zwiebelschneider von Zyllis, den ein Marktfahrer an Frau und Frau und Frau und Frau brachte. Nein, sagte ich ihm, ich wolle keinen.

Da gibt es aber auch Unbekanntes, wie diesen Teehändler, der nicht nur Darjeeling und Gun Powder verkauft, sondern selbst gemischten Kräutertee. Mischungen, die aussehen, wie gehobelte Baumrinde mit ein paar Blühten darunter gestreut.

Eine Stadt erschliesst sich einem aber auch über die Speisekarten. In Marseille gibt es selbstverständlich den Italiener, den Chinesen, den Vietnamesen und all die anderen Franzosen mit ihrer traditionellen provenzalischen Küche.

Wir nahmen etwas Leichtes beim Libanesen ein, in der Nähe des alten Hafens. Wobei die Bezeichnung „alter Hafen“ etwas vorgibt, dass er mit Sicherheit nicht ist. Um es auf den Punkt zu bringen: Es handelt sich um einen ziemlich grossen innerstädtischen Parkplatz für private Boote und Bötchen.


PS: Gestern haben unten am alten Hafen die Pétanque-Weltmeisterschaften stattgefunden. Weltmeisterschaften? 16 Nationen lese ich heute in der La Marsaillaise haben daran teilgenommen. Ein Herr Lacroix hat gewonnen.
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2 Kommentare:

  1. Ich sage immer: Eine Stadt mit Trams kann nicht wirklich schlecht sein. Der Umkehrschluss stimmt nicht immer, aber leider recht oft.

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  2. Eine fremde Stadt ohne Parkplatz-suchen-müssen-und-nie-finden-können-Stress ergibt wieder sowas Altmodisches wie "Musse" her. In Musse flanieren, spazieren oder das Wort aus der ganz alten rhetorischen Mottenkiste: "Lustwandeln". Und das ist doch dann echter Luxus...

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