Samstag, August 01, 2009

Wroclaw

Wieder aufgebaute Bürgerhäuser und Handelskontore.

Von Hamburg nach Wroclaw muss man viermal umsteigen. Da ist zunächst die ICE-Rennstrecke nach Berlin mit Tempo 230, dann ein Regionalzug, der bis Cottbus 20 Minuten Verspätung hinlegte, dann eine ostdeutsche Privatbahn, die pünktlich in Goerlitz ankam und schliesslich ein Regionalzug der DB mit polnischem Personal und auf einer polnischen Strecke. Der hielt den Fahrplan zwar auch ein, aber der ist derart grosszügig berechnet, dass er einfach zur Zeit ankommen muss. Schliesslich hat auch der Lokführer am Samstagabend noch etwas vor. Man kann selbstverständlich auch eine direkte Verbindung wählen, aber die ist eine Stunde langsamer, weil der ICE fehlt.

Klammer: Einmal mehr mussten wir hinnehmen, dass die Welt ungerecht ist. Während wir in der klimatisierten ersten Klasse uns zu dritt plus der Kondukteur ein 12er Abteil teilten, war die zweite Klasse gerammelt voll. Dazu noch Koffer und Kinderlärm plus eine überforderte Klimaanlage. Es ist klar: diese Zugsreise ist nur in der 1. Klasse machbar, in der zweiten wäre sie eine Qual.

Wie überall in Europa sitzen die Menschen am Samstagabend inWroclaw in einem der vielen Strassenrestaurants, essen Sushi oder Griechisches oder Spanisches oder Italienisches oder sonst was Internationales. Die jungen Polinnen kaufen ihre Klamotten bei H&M und sind deshalb einiges besser angezogen als die Mark&Spencer-Girls in York. Die Temperaturen verharren auch jetzt noch bei sommerlichen zwanzig Grad, für morgen sind über dreissig angekündigt.

Was auffällt - es ist schon um neun Uhr dunkel, während es in Schottland auch nach zehn Uhr noch richtig hell war.

Theater von Wroclaw

Wroclaw hiess mal Breslau und ist jetzt eine polnische Stadt mit 630'000 Einwohnern in Europa. Mehr gibt es dazu eigentlich nicht mehr zu sagen. Wobei ein Aussenstehender die Leistung dieser polnischen Auch-Vertriebenen schon bewundern kann, sich in nur zwei Generationen in eine Stadt eines völlig anderen Kulturkreis nicht nur einzuleben, sondern dieses Fremde wieder aufzubauen. Wenn man als Vergleich Königsberg/Kaliningrad nimmt, ist diese kulturelle Leistung umso bemerkenswerter.

Possieren für den Freund mit
deutscher Maschinenpistole

Heute gedenkt man in Polen den Opfern des Warschauer Aufstandes. Dieser begann am 1. August 1944 und dauerte bis Oktober. In Wroclaw haben junge Leute in der Fussgängerpassage eine Barrikaden aufgebaut, eine Kulisse ganz im Sinne von Herrn Zadek, denke ich mal.

Da wallte schon noch das Nationalgefühl hoch, besonders bei der älteren Generation. Für die Jungen war die nachgespielte historische Szene aber vor allem Unterhaltung. Das kann man nun deuten wie man will.

Übrigens: Unser Hotel hat nur drei Sterne, aber eine Klimaanlage und was noch viel wichtiger ist: Gratiszugang per Kabel ins Internet.

Morgen fahren wir weiter nach Osten.

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3 Kommentare:

  1. Interrailer23:29:00

    Schade eigentlich, es hätte sich gelohnt, in Görlitz auszusteigen... eine wirklich schön restaurierte Renaissancestadt.

    Aber mein erstes Interrail war auch so... erst später entdeckt man die Langsamkeit.

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  2. Anonym20:58:00

    Wir waren vor einem Jahr in Görlitz, mit dem Auto auf einer kurzen Rundreise durch Deutschlands Osten. Kann ich zustimmen, ist eine sehr schöne Stadt. Übrigens sehr beliebt bei westdeutschen Rentnern der oberen Klasse, wegen der intakten Kuliksse, dem günstigen Wohnraum für tolle Wohnungen und den anderen Rentnern, die so etwas wie ein Kulturleben in Gang bringen.

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  3. Interrailer23:14:00

    Ja stimmt.
    Ich finde, das schlimmste am Interrailen ist, dass man eigentlich dauernd aussteigen sollte (und müsste).

    Görlitz sah 1990 übrigen ungemein deprimierend aus... mit grauen krätzigen Fassaden.

    Schönes Blog übrigens. Dieses völlig sprunghafte, nach Laune Reisen ist das schönste an Interrail.

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