Samstag, August 01, 2009

Kaffeegenuss

Es sind drei Genussmittel, die mich faszinieren, weil man für ihre Herstellung jeweils nur gerade ein einziges Naturprodukt benötigt, das dann mit Einfallsreichtum und grossem handwerklichem Geschick in ein Produkt verwandelt wird, das unvergleichliche Gaumenfreuden bereitet. Und das in einer Vielfalt, wie sie die Natur alleine nicht hervorbringen könnte. Es handelt sich um Whisky, Wein und Kaffee.

Wir haben gestern das Vergnügen gehabt, einen der exklusivsten Kaffees der Welt zu kosten. Der kommt aus St. Helena, das ist die Insel im Südatlantik, die auf halben Weg zwischen Amerika und Afrika liegt und wo einst Napoleon seine letzten Jahre verbracht hat.


Zwei Tassen dieses Kaffees kosten 12 Euro 90 also rund 2o Franken (wir haben selbst bezahlt). Das ist doch ein stolzer Preis. Allerdings inklusive MwSt., die in Deutschland abschreckende 19% beträgt.

Ganze zwölf Tonnen bester Kaffebohnen werden auf St. Helena im Jahr geerntet, von Hand und immer nur die gerade reifen Früchte. 1732 sollen die ersten Bohnen angebaut worden sein, die die Engländer aus dem Yemen hierher gebracht hatten. Doch ohne Napoleon hätte Europa von diesem Kaffee wohl kaum je etwas erfahren. Der damals berühmteste Häftling Europas widmete seine Zeit ausgiebig dem Kaffeegenuss, was sich auch in Frankreich herumsprach und einen kurzzeitigen Verkaufsboom auslöste.

Der intensive Kaffeeduft stieg einem schon draussen auf der Strasse in die Nase. Man brauchte ihm nur zu folgen. Es war klar, dass er zu einer Rösterei führen würde. Doch die füllt nur etwa einen Viertel des Raums, der Rest der "Speicherstadt Kaffeerösterei" ist ein Café, wo man die verschiedensten Kaffees gleich probieren kann.

Entscheidend für die Qualität des Kaffees in der Tasse ist der letzte in der Kette, der Barista, im Grunde genommen ein Künstler, dessen handwerkliches Geschick darüber entscheidet, ob edelste Bohnen in der Tasse ihr Potential auch tatsächlich entfalten.

Würde man zum Beispiel die frisch gemahlenen St. Helena-Bohnen mit einer Espressomaschine zubereiten, wäre der ganze Aufwand, den man zuvor bei der Pflege der Pflanzen, beim Pflücken, beim Rösten betrieben hat, für die Katz.


Am besten können sich die Aromastoffe in der Press-Stempelkanne entfalten, sagt Herr Kalikowski, der Leiter der Rösterei und des Cafés, mit dem ich das Vergnügen hatte, eine gute Dreiviertelstunde über Kaffee zu plaudern. Er schaute immer wieder auf die Uhr und erst als exakt fünf Minuten verstrichen waren, füllte er die beiden vorgewärmten Tassen, denn erst jetzt hat der St. Helena-Kaffee alle seine Aromen ins 90 Grad heisse Wasser abgegeben, das sich inzwischen auf rund 70 Grad abgekühlt hat.

Und schon beim ersten Schluck entfaltet er im Gaumen seinen vollen, aber trotzdem sanften, runden Geschmack entwickelt und wo sonst beim Kaffee eine leichte Säure folgt, bleibt hier der volle Kaffeegeschmack.

Wenn man sich noch tiefer auf diesen Kaffee einlässt – schwarz getrunken und ohne Zucker – entfalten sich im Gaumen noch weitere Aromen, die ich so intensiv noch bei keinem Kaffee erlebt habe und die für längere Zeit im Gaumen erhalten bleiben. Und danach folgt der ganze Körper und noch eine Stunde später spürt man, man hat Kaffee getrunken. Es war eine einzige Tasse gewesen.

Diese eine Tasse Kaffee hat meinem Kaffeegenuss eine völlig neue Dimension hinzugefügt, meine Reisebegleierin sieht das übrigens genauso.

Erst in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde die Kaffeeproduktion wieder aufgenommen, mit den Resten der ursprünglichen Plantage, die man von den Dschungelgewächsen befreite. Die Mühe hat sich gelohnt. Auch finanziell. Ein halbes Kilo Rohkaffee kostet je nach Marktlage um die 90 Franken.

Die "Speicherstadt Kaffeerösterei" röstet den St. Helana selbstverständlich selbst und betreibt eigens für diesen und die andere Rarität, den Kopi Luwak, eine Röstmaschine für Kleinstmengen bis zu dreissigKilo Bohnen.

Um 09.02 fährt unser Zug von Hamburg-Dammtor ab Richtung Osten. Wie weit wir fahren werden, entscheiden wir unterwegs.

2 Kommentare:

  1. Press-Stempelkanne - jetzt weiss ich endlich wie das heisst. Und kann all den Espresso-Snobs, die über meine immer nur die Nase rümpfen, deinen Post um die Ohren schlagen.

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  2. Anonym08:43:00

    Ein solche Press-Stempelkanne wird die erste Anschaffung sein, wenn wir wieder zurück sind. Meine Reisebegleiterin ist nun davon überzeugt, dass Melitta am Morgen durch etwas Besseres ersetzt werden kann. Das ich das noch erleben darf. :-))

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