Donnerstag, Juni 18, 2009

Die Glotze - der grosse Bilderdieb

Nein, Kollega Müller, der Entscheid, Südafrika zu streichen, hat weniger mit Schiss zu tun, eher mit Unbehagen.

Aber mein eigentliches Problem ist, dass es im Grunde genommen nichts mehr zu entdecken gibt. Wo man auch hinfährt, ein Kamerateam der BBC war schon dort.

Die Glotze, der grosse Bilderdieb, hat uns gleich noch die Erlebniswelt geklaut: Chinesische Mauer – tausende Male schon gesehen. Die Wüste Gobi – glotzenmässig dutzende Male per Jeep, zu Fuss, mit dem Kamel, joggend durchquert. Taj Mahal, da war ich schon selbst. Grand Canyon dito. Diese weissen Strände mit den Palmen bis ans Meer – dieses Bild ist nun wirklich ausgelutscht, also lasst mich in Ruhe. Und wenn ich mal Elefanten, Löwen und Giraffen sehen will, dann gehe ich in den Zoo.


Denn kurz zu Elefanten, Löwen und anderem afrikanischem Getier: Ich gehöre zur Grzimek-Generation. Serengeti darf nicht sterben, in schwarz-weiss, war der Strassenfeger, als es nur zwei TV-Programme gab.

Löwengebrüll vom Tonband
Jahre später war ich mit einer Journalistengruppe auf Kosten von British Airways in Simbabwe. Arthur K. Vogel, der es bis zum Chefredaktor des Bund gebracht hat, war auch dabei. Auch er ein Grzimek-Geschädigter, weshalb er mit mir gezweifelt hat, ob das, was wir in diesem Nationalpark an Elefanten, Giraffen und Antilopen sahen, auch wirklich echt sei. Die Glotze dreidimensional – super.

„Da muss doch demnächst eine anständige Autobahn kommen“, machten wir uns hinten auf diesem Besucherjeep über die Landschaft lustig und was sage ich, es vergingen keine zehn Minuten, da fuhren wir einer autobahnbreiten Schneise entlang – und mitten drin die Überlandleitung vom Cabora-Bassa-Staudamm Richtung Hauptstadt, die damals noch Salisbury hiess. Was soll ich sagen, das Brüllen dieses Löwen spät in der Nacht kam selbstverständlich vom Tonband!

Nein, es bleibt uns nicht viel mehr, als das zu Wiederholen, was in Endlosschleifen 7/24 über den Bildschirm läuft. Abwechslung bringen nicht mal eine Entführung in der Sahara, die Schüsse in der Nacht auf das Kreuzfahrtschiff, das schlechte Essen in der Hotelanlage, die Algen im Meer.

Dornach-Arlesheim Peking einfach
Nichtsdestotrotz: Dann tauchte diese Idee auf, mit dem Zug nach Peking zu fahren. Und gleich noch die Zugsreise nach Lhasa dranhängen. Von dieser Bahnstrecke hatte ich ein paar spektakuläre Bilder gesehen.

Und mit dem tibetanischen Buddhismus hatte ich mich seinerzeit, als ich in Indien in höhere Sphären abtauchte, intensiv beschäftigt (für Kenner Bardo Thödol, all die anderen können hier klicken).

Dank Internet war ein spezialisierter Reiseanbieter rasch gefunden. Drei Tage später kam der genaue Reiseplan und ein Kostenvoranschlag per E-Mail. Die Pointe, wir werden im Bahnhof Dornach-Arlesheim einsteigen. Mit dem Zug Arlesheim - Peking einfach - das hat selbst die BBC noch nicht gemacht.

1 Kommentar:

  1. Lieber Welten-Wanderer.
    Wenn ich Deine Idee "Iter Bonum" richtig verstanden habe, geht es ja auch gar nicht drum, wohin Du reist. Du trittst gar nicht mit der "Glotze" in Konkurrenz. Mich interessiert vorallem, was Du erlebst, die kleinen, unspektakulären Situationen, die Du beschreiben wirst und was Dir alles so durch den Kopf geht, während Du durch die Landschaft ziehst. Und dann nimmt mich Wunder, wie die hoffentlch zahlreichen Leser/User auf Deine Beiträge reagieren werden, vielleicht lassen sich andere Reisende animieren, selbst etwas zu schreiben oder mit Dir in einen Dialog zu treten.
    Ich freu' mich drauf.

    Andrea

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